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Breitenfurter Straße 401-413

Fakten

Breitenfurter Straße 401-413

Breitenfurter Straße 401-413, 1230 Wien

Baujahr: 1984-1987

Wohnungen: 323

Architekt: Peter Gebhart, Hedwig (Hedy) Wachberger, Robert (Rob) Krier

Wohnen in Wien

Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.

Geschichte

Der 23. Bezirk besteht in seiner heutigen Form seit 1954 und setzt sich aus den Ortsteilen Atzgersdorf, Erlaa, Inzersdorf, Kalksburg, Liesing, Mauer, Rodaun und Siebenhirten zusammen. Der Ortsname Liesing scheint erstmals 1002 als Flurbezeichnung für ein Gebiet zwischen Liesingbach und Triesting auf. Das ehemalige Gassengruppendorf war unter den Babenbergern und Habsburgern landesfürstlich, 1400 wurde das Dorf in zwei Teile - in Oberliesing und Unterliesing - geteilt. Durch die Errichtung einer Brauhausanlage 1838 erlebte Oberliesing einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. 1841 wurde der Ort an die Südbahnstrecke angeschlossen und wenige Jahre später, 1849, verließ der letzte Grundherr Liesing. Sein Schloss wurde verkauft und die Stadt richtete darin ein Pflegeheim ein. Prägend für das Ortsbild ist nach wie vor das Aquädukt der 1. Wiener Hochquellwasserleitung, die 1870 bis 1873 errichtet wurde. Da es das Grundstück quert, wurde das Aquädukt in die Planung der Wohnhausanlage in der Breitenfurter Straße 401- 413 einbezogen.

Die Architektur

Die Wohnsiedlung erstreckt sich auf einem schmalen Terrain zwischen Liesingbach und Breitenfurter Straße und folgt in ihrer stromlinienförmigen bzw. fischförmigen Bebauungsstruktur der Geländetopografie. Die Anlage präsentiert sich straßenseitig als geschlossener, dreigeschoßiger Bau, besteht aber tatsächlich aus aneinandergereihten U-förmigen Mehrfamilienhäusern, die kleine, intime Nachbarschaften bilden und sich zu einem gemeinsamen Hof mit Eigengärten und öffentlich zugänglichen Grünflächen öffnen.
Den Hauptzugang zur Anlage bildet ein tempelartiger Rundbau, in dessen Innenhof und ebenerdigen Arkaden einige Lokale untergebracht sind. Den Abschluss bilden ein V-förmiger Gebäudekomplex im Westen sowie ein oblonger Bau im Osten des Grundstücks. Die abwechslungsreiche Bebauung und die vielseitig gestalteten Wohnungstypen mit Loggien, Terrassen und Gärten unterstützen den kleinstädtischen Charakter der Anlage, die darüber hinaus über soziale Einrichtungen wie ein Kindertagesheim, einen Geräte-und Sandspielplatz, Freizeiteinrichtungen sowie zahlreiche Lokale verfügt.

Das äußere Erscheinungsbild des Baus ist geprägt durch klassische Bauformen wie die Rundbogenmotive, die sich in der gesamten Anlage wiederholen. Besonders auffallend ist die rosa verputze Fassade mit den türkisfarben gerahmten, mehrteiligen Fenstern.

... und die Kunst

Im kreisrunden Innenhof des tempelartigen Hauptzugangs zur Anlage befindet sich auf einem hohen Betonsockel eine kolossale Figurengruppe aus Stein. Sie stammt von einem der Architekten der Anlage, Robert (Rob) Krier, aus den Jahren 1987/88. Josefine Sokole schuf die "Schreitende menschliche Figur", die im Grünbereich der Wohnhausanlage aufgestellt ist.

Der Name

Die heutige Breitenfurter Straße verläuft vom 12. über den 23. Bezirk bis zum Wienerwald. 1593 noch als "Die Straße" bezeichnet, hieß sie später Ordinari Straße von Wien nach Atzgersdorf und dann Breitenfurther Waldämtliche Straße, nach dem Ort Breitenfurt, in den sie führt.

Architekten

Peter Gebhart - Peter Gebhart (geb. 1939 in Wien) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Als freischaffender Architekt beschäftigt er sich vor allem mit der Revitalisierung öffentlicher Gebäude und ist im Wohnbau tätig. Zu den von Peter Gebhart sanierten und umgebauten Objekten zählen das Gymnasium Rosasgasse in Wien 12 und die Kuffner Sternwarte in Wien 16. Die kommunalen Wohnhausanlagen Simmeringer Hauptstraße 34-40 im Wien 11 (1982-1985) und Breitenfurter Straße 401-413 in Wien 23 (1984-1987) plante er in Arbeitsgemeinschaften.

Hedwig (Hedy) Wachberger - Hedwig (Hedy) Wachberger (geb. 1940) besuchte die Technische Hochschule Wien, wo sie 1965 ihr Diplom erhielt. Nach Praktika in der Schweiz und in Österreich war sie ab 1970 als freischaffende Architektin in Wien tätig und unterhielt bis 1986 ein gemeinsames Büro mit ihrem Ehemann Michael Wachberger (geb. 1941). Ihr berufliches Interesse lag vor allem auf dem Gebiet des sozialen Wohnbaus, der Energieoptimierung sowie der Nutzung von Solar-und Alternativenergien. Neben der mit Solarenergie versorgten Versuchssiedlung "Österreichisches Sonnenhaus" Am Flötzersteig in Wien 14 (1978-1984) plante Hedy Wachberger auch das Wohnhaus Schönbrunner Straße 107 in Wien 5 (1981-1985) und den Gemeindebau Breitenfurter Straße 401-413 in Wien 23 (1982-1986).

Robert (Rob) Krier - Robert (Rob) Krier (geb. 1938 in Grevenmacher, Luxemburg) studierte von 1959 bis 1964 Architektur an der Technischen Hochschule München. Im Anschluss arbeitete er bei Oswald M. Unger und Otto Frei und ist seitdem international als Architekt, Stadtplaner und Bildhauer tätig. In seiner viel beachteten Publikation "Stadtraum" (1975) setzt er sich mit der Rekonstruktion und Wiedereinbringung traditioneller Raumkomposition auseinander. In Wien, wo er von 1976 bis 1994 ein Architekturbüro unterhielt, plante er unter anderem die kommunale Wohnhausanlage Breitenfurter Straße 401-403 in Wien 23 (1984-1987, mit Hedy Wachberger und Peter Gebhart) und das Wohnhaus Schrankenberggasse 18-20 in Wien 10 (1983-1986). Zudem hatte Rob Krier von 1976 bis 1998 eine Professur an der TU Wien inne.