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Meisgeyergasse 18

Fakten

Meisgeyergasse 18

Meisgeyergasse 18, 1230 Wien

Baujahr: 1976-1978

Wohnungen: 10

Architekt: Peter Gebhart

Wohnen in Wien

In den 1970er-Jahren begann eine erste Sanierungswelle des Wohnungsaltbestands der Stadt Wien, um den Wohnstandard anzuheben. Zusätzlich wurden von 1972 bis 1977 rund 16.500 neue Wohnungen gebaut. Der Wohnungsmangel war beseitigt. Nun sollten sich neue Anlagen auch besser in ihre Umgebung einfügen, sich vom Straßenverkehr abwenden, öffentlich gut erreichbar und vor allem mit der nötigen Nahversorgung ausgestattet sein. Damit rückte auch ein Grundgedanke des "Roten Wien" aus den 1930er-Jahren wieder in den Mittelpunkt: Es wurde wieder Wert auf die Sozialisierung des Wohnens gelegt. 1978 wurde die Grundsteinlegung der 200.000sten Wohnung seit 1923 gefeiert.

Geschichte

Die Meisgeyergasse in Atzgersdorf, in der der Gemeindebau liegt, wird unter ihrem alten Namen Wassergasse, der auf die nahe Lage zum Liesingbach mit seinen Überschwemmungen verweist, historisch im Zusammenhang mit der alten Befestigung des Ortes erwähnt. Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts war der letzte Zeitraum, aus dem man von der Existenz einer Ortsbefestigung weiß, die sich zwar auf vier Ortstore beschränkte, aber doch ein Zeichen für eine Abtrennung vom umliegenden Land und für ein starkes Schutzbedürfnis war, zurückzuführen auf die schlimmen Erfahrungen der zweiten Belagerung von Wien durch die Türken. Damals war nämlich der ganze Ort niedergebrannt worden. Die Tore dieser Befestigung befanden sich am Ende der alten Wasser-, jetzigen Meisgeyergasse am Liesingbach und in der heutigen Ziedlergasse, in der heutigen Breitenfurter Straße gegen Liesing zu und schließlich zwischen dem Carlbergerhaus, der heutigen Apotheke, und der gegenüberliegenden alten Schmiede. Zwischen 1750 und 1770 wurden diese alten Tore abgetragen, womit nun auch Atzgersdorf - so wie alle übrigen Orte im Bezirksgebiet keine Befestigung mehr aufwies.

Die Architektur

Der zweigeschoßige Bau schließt direkt an die Feuermauer und das hohe Dach eines ebenerdigen Gehöfts in der Kurve der kurzen Meisgeyergasse an. Von diesem weg erstreckt er sich in gestaffelter Keilform nach Süden. Zwei Rücksprünge bestimmen die Straßenfassade. Der erste Rücksprung erfolgt nach einer dreiflügeligen Fensterachse und einer ums Eck führenden Balkonachse. Im Rücksprung befindet sich das Eingangstor mit hoher Oberlichte und einem zweiflügeligen Fenster darüber. Die Belichtung des weiter innen im Gebäude liegenden Stiegenaufganges erfolgt über einen kleinen Lichthofschacht an der Feuermauer des Nachbargehöfts. An die Eingangsachse schließt eine dreiflügelige Fensterachse an und eine weitere, um das Eck des nächsten Rücksprungs führende Balkonachse. Im letzten Fassadenteil liegen eine dreiflügelige Fensterachse und eine schmale einflügelige vor einem breiten geschlossenen Mauerstück mit der Gemeindebausignatur.

Optisch sehr auffällig ist das Flachdach durch seine massiven Vorsprünge mit polygonal abgeschrägter Vorderkante, die weit über die Fensterachsen und bis zu einem Meter über die Balkonzonen vorgezogen sind. Sie rufen den Eindruck einer massiven Plattentektonik hervor. Die dazwischen liegenden Mauerzonen sind attika-artig über das Dachniveau emporgezogen. Dadurch wirkt das Dach wie in ein Stützensystem eingehängt. Die Balkon- und Fensterbrüstungen zwischen den beiden Geschoßen sind mit Klinker verkleidet, der sich kräftig vom weißen Putz abhebt und die Wandöffnungen vertikal zusammenschließt. Dieses Gestaltungselement schließt an die frühe Gemeindebautradition an. Attika-artig überhöhte Mauerzonen, Dachvorsprünge, Klinkerfelder, Loggien- und Balkonachsen prägen auch das Erscheinungsbild der süd- und westseitig gelegenen Fassadenteile. Geschickt ist hier die keilförmige Staffelung der Hausanlage genutzt, um einen tiefen Hofbereich mit Kinderspielplatz und Gartenanlage zu schaffen, der durch eine hohe Mauer zum Nachbargrundstück abgegrenzt wird. Die Gesamtanlage vermittelt den Eindruck, dass der Architekt sich von dem benachbarten traditionellen Gehöft und dem gegenüberliegenden Gemeindebau aus den 1960er-Jahren dadurch absetzen wollte, dass er unterschwellig an Gestaltungsweisen von Frank L. Wright und Mies van der Rohe erinnert.

Der Name

Die Meisgeyergasse ist seit 1955 nach Karl Meisgeyer (1825-1901) benannt, der von 1875 bis 1894 Bürgermeister von Atzgersdorf war. Er war auch der erste Vorstand des Atzgersdorfer Männergesangsvereins, der 1880 gegründet wurde und heute noch immer besteht.

Architekten

Peter Gebhart - Peter Gebhart (geb. 1939 in Wien) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Als freischaffender Architekt beschäftigt er sich vor allem mit der Revitalisierung öffentlicher Gebäude und ist im Wohnbau tätig. Zu den von Peter Gebhart sanierten und umgebauten Objekten zählen das Gymnasium Rosasgasse in Wien 12 und die Kuffner Sternwarte in Wien 16. Die kommunalen Wohnhausanlagen Simmeringer Hauptstraße 34-40 im Wien 11 (1982-1985) und Breitenfurter Straße 401-413 in Wien 23 (1984-1987) plante er in Arbeitsgemeinschaften.