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Erlaaer Straße 55-63

Fakten

Erlaaer Straße 55-63

Erlaaer Straße 55-63, 1230 Wien

Baujahr: 1964-1966

Wohnungen: 207

Architekt: Stephan A. Kraft, Anna Femböck, Maria Albrecht

Weitere Adressen

Gregorygasse 28-30, 1230 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Auf dem an der Schmalseite durch die Erlaaer Straße begrenzten und parallel zur Gregorygasse verlaufenden rechteckigen Grundstück existierte ab 1910 eine Fabrik der Firma Tondl und Co., die Wäsche aus Celluloid herstellte. Offensichtlich kamen schon bald Beschwerden der Anrainer, denn 1913 wurde ein Revisor bestellt, der unter anderem die Verbrennung der Plastikabfälle beanstandete und auch die unsachgemäße Lagerung der Waren. Karl Löwy, der Besitzer des Grundstücks und der Fabrik, versprach den Auflagen nachzukommen. Die Fabrik dürfte bis 1929 existiert haben, dann wurde der Grund der Gemeinde überschrieben. Die Parzelle liegt dem Erlaaer Schloss auf der anderen Straßenseite leicht schräg gegenüber. Georg Adam Fürst Starhemberg hatte das Schloss 1766 erworben und von Nicolaus Pacassi umbauen lassen. Es ist ein kleiner, spätbarocker Schlossbau mit Ehrenhof in einem weitläufigen Parkgelände. Auf das Portal zur Ehrenhofanlage läuft die Gregorygasse mit ihrer beiderseits zweireihigen Allee, die der Fürst anlegen ließ, zu und mündet hier in die Erlaaer Straße ein.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage wurde auf einem annähernd rechteckigen Grundstück errichtet. Eine Wohnzeile, die sechs Stiegenhäuser umfasst, erstreckt sich entlang der Erlaaer Straße nach Osten bis zur Ecke Erlaaer Straße/Gregorystraße. Zwei Blöcke mit je drei Stiegen liegen parallel zur Gregorygasse in einem Grünstreifen. Der nördliche Block ist stärker in den Grünstreifen zurückversetzt als der südliche. Die Schlossallee entlang der Gregorygasse schirmt beide Bauten vom Verkehr ab. Hinter ihnen sind vier weitere Blockbauten mit ebenfalls drei Stiegenhäusern in Ost-West-Richtung und rechtwinkelig zur Gregorygasse angeordnet. Die nieder bemessenen Satteldächer ohne Dachausbauten und die Dreigeschoßigkeit aller Trakte sollten den Vorstadtcharakter des Viertels bewahren helfen.

Die ersten beiden Stiegen der Wohnzeile an der Erlaaer Straße haben im straßenseitigen Erdgeschoß eine Geschäftszeile. Die Zwischenräume der Auslagen sind mit blauem Spaltklinker verkleidet. Am Ende der Geschäftszeile führt ein Durchgang in den Hof. Die vier nach Westen anschließenden Stiegenhäuser sind in zwei Hauseinheiten unterteilt und dem Anstieg der Straße folgend höhenversetzt. Außerdem sind alle drei Hauseinheiten leicht gestaffelt. Die straßenseitigen Fassaden sind durch vier Balkonachsen belebt. Auch die vier dahinter liegenden Bauten sind an den Südseiten mit je vier Loggienachsen ausgestattet worden. Deren Mittelstiegen sind zusätzlich durch zwei französische Fensterachsen akzentuiert. Die nördlichen und westlichen Fassaden der Gebäude haben farblich abgesetzte Stiegenhausrisalite, die von verdoppelten Nassraumöffnungen und jeweils einer Fensterachse flankiert werden. Die Farbgebung der Risalite variiert je nach Trakt und ist entweder blaugrau oder braunrot gestrichen. Ostseitig befinden sich Balkon- und Fenstertürachsen.

... und die Kunst

Eine Reliefstele aus Marmor mit mehreren unterschiedlichen gegenständlichen Darstellungen auf den vier Seiten, unter anderem ein Mann mit Zirkel, wurde von Franz Luby geschaffen und "Die Baukunst" genannt. Sie steht in der Wiese vor dem versetzten Drittel des nördlichsten Baus an der Gregorygasse.

Eine Betonstele mit roten Glaselementen steht im Hof zwischen den Bauten an der Gregorygasse und den vier dahinter liegenden Trakten. Die Plastik "Abstrakte Darstellung" ist von Ernst Paar gestaltet worden.

Der Name

Die Erlaaer Straße führt seit 1955 diesen Namen und führt nach Alt Erlaa und Neu Erlaa. Erlaa, das 1114 als "Erila" urkundlich erwähnt wird, wurde 1938 dem XXV. Bezirk und 1954 dem XXIII. Bezirk eingemeindet.

Architekten

Stephan A. Kraft - Stephan A. Kraft (1895-1976) studierte von 1932 bis 1934 und 1945/46 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Unter anderem plante er zusammen mit Richard Praun für die Gemeinde Wien das Wohnhaus Schönbrunner Straße 242 in Wien 12 (1960-1962). Die Anlage Hetzendorfer Straße 165-187 in Wien 13 (1950-1952) wurde in einer Arbeitsgemeinschaft mit Julius Bergmann und Rudolf Münch realisiert.

Anna Femböck - Anna Femböck (geb. Hassl, 1918; verh. Thiel, später auch Bräuner) studierte ab 1936 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Unter anderem entwarf sie für die Gemeinde Wien die Wohnhausanlage Roggegasse 44-46 in Wien 21 (1960/61) und gemeinsam mit Josef Bayer Anlage Migerkastraße 1-3 in Wien 10 (1956-1958). 1972 wanderte sie nach Brasilien aus.

Maria Albrecht - Maria Albrecht (geb. Weiße, 1921) studierte ab 1940 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Als selbständige Architektin war Maria Albrecht vor allem im Wohnbau tätig, wobei sie für die Gemeinde Wien unter anderem an der Planung zum Harry-S.-Truman-Hof in Wien 23, Rudolf-Zeller-Gasse 5-11 (1956-1963) mitwirkte.