Mobile Version aus nicht mehr nachfragen

Manfred-Ackermann-Hof

Fakten

Manfred-Ackermann-Hof

Brigittaplatz 11-13, 1200 Wien

Baujahr: 1928-1930

Wohnungen: 20

Architekt: Karl Badstieber

Weitere Adressen

Raffaelgasse 9, 1200 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Der Manfred-Ackermann-Hof wurde 1928 nach Plänen des Architekten Karl Badstieber errichtet, der auch schon beim unmittelbar benachbarten Magistratischen Bezirksamt am Brigittaplatz (1904-1906) zum Zug gekommen war, obwohl er beim betreffenden Wettbewerb nur den 11. Platz erreicht hatte. Von Anfang an war in der Wohnhausanlage die Feuerwache Brigittenau untergebracht, im ersten Stock über der Feuerwehreinfahrt befand sich ein Schlafraum mit 28 Betten, in den darüber liegenden Geschoßen die Wohnungen. Diese Verbindung von Feuerwachen und Wohnhäusern der Gemeinde Wien findet man zum Beispiel auch beim Gemeindebau Taubergasse 1-3 in Wien 16.

Die Architektur

Die Eckverbauung des Manfred-Ackermann-Hofs fügt sich stilistisch in das neugotische Ensemble - am Brigittaplatz gegenüber der Pfarrkirche St. Brigitta und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Magistratischen Bezirksamt - ein. Der Architekt führt Fassadengestaltung und -gliederung des 25 Jahre zuvor erbauten Bezirksamts am Wohnhaus nahtlos fort: Ein hoher Steinsockel endet in einem als Deutsches Band ausgeführten Klinkerfries, Rundbogenfenster und Klinkerverblendung dominieren die Erdgeschoßzone. Über einem Rollenfries sind zuerst ein Hauptgeschoß und - durch ein ornamentales Gesims abgesetzt - die beiden weiteren Obergeschoße angeordnet. Verzierte Wandvorlagen zwischen den Fenstern, geschwungene Fensterverdachungen und zahlreiche verspielte Details zitieren Stilelemente des Nachbarbaus. Zudem erzeugt die plastische Gliederung der Baukörper einen abwechslungsreichen Gesamteindruck. Über dem Rundbogen des Eingangsportals tritt ein mächtiger Baukörper als Turmbau hervor, ein Balkon und ein Spitzgiebel gliedern ihn asymmetrisch. Ein zinnenbekrönter Erker schmiegt sich in die Ecke und bildet den Übergang zur deutlich schlichter gehaltenen Fassade an der Raffaelgasse. Die im Ecktrakt untergebrachte Feuerwache hat durch niedrigere Raumhöhen fünf anstelle von nur vier Geschoßen. Ein breites Gesimsband trennt die Erdgeschoßzone von den Hauptgeschoßen. Die Fassade ist über den letzten drei Fensterachsen, unter denen sich auch die Feuerwehreinfahrten befinden, überhöht ausgeführt und schließt so direkt an das Nachbarhaus an. Über dem zentralen Spitzerker laufen die Klinkerverblendungen zwischen den Fenstern und die Gesimsbänder durch. Sie setzen sich auf zweien der fünf übrigen Fensterachsen und an der Gebäudeecke fort.

Der Name

Im November 2008 wurde der Gemeindebau nach Prof. Manfred Ackermann (1898-1991) benannt, der gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 hier gewohnt hatte. Ackermann flüchtete über Frankreich, Spanien und Portugal in die Vereinigten Staaten, wo er sich, wie schon zuvor in Österreich, gewerkschaftlich engagierte. Nach seiner Pensionierung im Jahr 1964 kehrte er nach Österreich zurück. Ackermann erwarb sich nicht nur in der Arbeiterbewegung, sondern auch als Volksbildner große Verdienste. Eine Gedenktafel an der Fassade Brigittaplatz 11-13 erinnert an ihn.

Architekten

Karl Badstieber - Karl Badstieber (1875-1942) studierte von 1898-1901 an der Akademie der bildenden Künste Wien. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Badstieber als selbständiger Architekt zahlreiche Wohnhäuser für das Großbürgertum in Wien. Bis 1929 war er als Architekt für die Südbahngesellschaft tätig, für deren Bedienstete er in Wien und der Steiermark Wohnhäuser erbaute. Im Auftrag der Gemeinde Wien errichtete er drei Wohnhausanlagen. 1908 entstand das heute im Burggarten aufgestellte Kaiser-Franz-Joseph-Denkmal nach seinen Entwürfen.